
Es war am Ende des Rhyngarfestes, als ich den Spiegel der Treue aufsuchte. Der Tag war voller Stimmen, Gelächter und Schwurzeremonien gewesen, doch die Nacht hatte sich still über das Land gelegt. Nur das Knacken des Feuers im Lager hinter mir verriet, dass ich nicht allein war.
Der See lag schwarz und unbewegt vor mir. Seine Oberfläche war so glatt, dass die Sterne darin doppelt schienen. Doch wer genau hinsieht, erkennt mehr: die Umrisse alter Schwerter, versenkt seit Idraens Tagen, glänzten wie bleiche Schatten unter der Wasserhaut. Jedes von ihnen ein Zeugnis der Treue, jedes ein Versprechen, das nicht gebrochen wurde.
Ich setzte mich ans Ufer und nahm die Laute zur Hand. Ein einfaches Lied stimmte ich an, nur wenige Töne, getragen vom Wind. Doch ehe ich die zweite Strophe beginnen konnte, hörte ich eine andere Melodie – leise, fern, aber deutlich. Sie kam nicht von meiner Laute, nicht von Menschenstimmen, sondern aus dem Wasser selbst.
Es war, als ob die Schwerter sangen. Kein Lied, das Worte kannte, sondern ein Klang aus Metall und Erinnerung. Tief, rein, unerschütterlich. Ich verstummte und lauschte. Der See antwortete mir, jeder Ton ein Schwur, der über die Jahrhunderte hinweg nicht zerbrach.
Da sah ich im Wasser Gestalten, wie Schatten aus Licht. Männer und Frauen in Bannern, mit Händen auf der Brust, die Worte des Schwures auf den Lippen. Sie blickten nicht auf mich, sondern zum Himmel – und dann erstarb ihr Gesang, so plötzlich, wie er begonnen hatte.
Die Oberfläche glättete sich, das Spiegelbild der Sterne kehrte zurück. Nur das Echo blieb in meinem Herzen.
Seit jener Nacht weiß ich: Der Spiegel der Treue ist mehr als ein Denkmal. Er ist ein lebendiges Lied, ein Chor aus Schwüren, der niemals endet. Wer dort lauscht, hört nicht nur die Stimmen der Vergangenheit, sondern die Mahnung an uns alle: Treue im Blut, Ehre im Herzen – das ist das Fundament, auf dem Teutarya steht.
– Aus den Notizen Lyrenor’s